Über Pudel und Möpse – vor allem aber über „und“

Zu Aufzählungen von zwei gleichrangigen Begriffen im Fließtext

A und B – A sowie B – zum einen A, zum anderen B – einerseits A, andererseits aber auch B – was ist die beste Möglichkeit, um zwei gleichrangige Dinge miteinander zu verbinden? So eine banale Frage, möchte man meinen. Auf welche Irrwege man hier aber geraten kann, möchte ich unter die Lupe nehmen – und Tipps geben, wie man sie vermeidet.

Bald ist es so weit: Ihre Pudelhündin Paula soll mit in den Kindergarten und dort zeigen, was sie in Sachen Aufforderung zum Spiel so draufhat. Da Sie in Ihrer Bachelorarbeit untersuchen möchten, ob Pudel für die tiergestützte Pädagogik in Kindergärten besonders gut geeignet sind, testen Sie parallel dazu eine andere Hunderasse: Ihr Bekannter hat sich bereit erklärt, das Gleiche mit seinem Mops Mirko zu machen. Es sind also zwei Hunde am Start: Paula und Mirko.

So weit, so gut. Wo ist das Problem?, fragen Sie. Das Problem ist, dass das schlichte Wort „und“, das zwischen Paula und Mirko steht und diese beiden gleichrangigen Begriffe verbindet, in dieser Funktion in wissenschaftlichen Texten immer seltener auftaucht. Stattdessen lese ich in Bachelor- oder Masterarbeiten immer häufiger (die Hundenamen behalte ich einfach mal bei): Paula sowie Mirko – zum einen Paula und zum anderen Mirko – einerseits Paula und andererseits Mirko usw. Das Wort „und“ wird immer seltener verwendet, um zwei Dinge zu benennen. Seltsam, denn klarer und präziser und damit besser geht es eigentlich nicht.

Warum ist „und“ für die Benennung von zwei gleichwertigen Dingen auf dem absteigenden Ast? Darüber kann ich nur spekulieren. Vielleicht wird es für zu banal gehalten, um in einer wissenschaftlichen Arbeit verwendet werden zu können? Oder vielleicht möchte der Autor oder die Autorin auf die beiden genannten Dinge einen Fokus richten, für den das schlichte „und“ nicht auszureichen scheint?

Okay, können Sie sagen, aber an Paula sowie Mirko oder zum einen Paula und zum anderen Mirko ist doch nichts falsch. Warum also diese Aufregung? Das hat folgende Gründe:

(1) Meist bleibt es in einem Text nicht bei Paula sowie Mirko, sondern oft kommen noch Paula als auch Mirko oder einerseits Paula und andererseits Mirko dazu. Lesen Sie das mal über zig Seiten, dann werden Sie feststellen, wie ermüdend und anstrengend der Text zu lesen ist.

(2) Oft bleibt es auch nicht bei den gängigen Wendungen, sondern es heißt: sowohl Paula sowie Mirko; Paula sowie als auch Mirko oder einerseits Paula und andererseits auch Mirko. Das ist irritierend beim Lesen, weil es die sprachlichen Konventionen durchkreuzt. Auf diese Weise lenkt es auch vom eigentlich Wichtigen ab: dem Inhalt.

Mein Tipp: Nur Mut zum schlichten „und“

Daher empfehle ich, zwei gleichrangige Dinge schlicht und einfach mit „und“ zu verbinden. Das hat folgende Gründe:

(1) Im wissenschaftlichen Schreiben geht es um Kürze, Präzision und Einfachheit. Für die Benennung gleichwertiger Dinge ist daher „und“ die beste Lösung – quasi das Original, alles andere die Fälschung.

Dass für die Benennung von gleichrangigen Dingen „und“ die beste Lösung ist, steht so auch in den Allgemeinen Empfehlungen für das Formulieren von Rechtsvorschriften, herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz:

„Das Wort ‚und‘ ist immer dann zu verwenden, wenn in einer Rechtsvorschrift
– verschiedene Tatbestandsvoraussetzungen kumulativ festgelegt werden sollen oder
– an einen Tatbestand verschiedene Rechtsfolgen kumulativ geknüpft werden sollen.“ (BmJ 2008, Randnummer 90)

(2) Andere Bindewörter (Konjunktionen) sind oft im Grunde nicht für die Benennung von zwei Dingen geeignet, sondern werden eher für eine Abstufung der Eigenschaften eines Dings verwendet oder aber um bestimmte Zusammenhänge zu verdeutlichen:

  • Angenommen, Sie machen zwei Untersuchungen: die erste mit Pudel Paula und Mops Mirko und eine zweite mit Schäferhund Schorsch und Labrador Leila. Die Hunde sind schnell aufgezählt: Paula, Mirko, Schorsch und Leila.
  • Wenn Sie aber die Zusammengehörigkeit der Hunde zu den beiden Untersuchungen verdeutlichen wollen, kommt „sowie“ ins Spiel: Dann besprechen Sie die Stunden mit Paula und Mirko sowie mit Schorsch und Leila. „sowie“ ist quasi übergeordnet, höherrangig. Dies entspricht den Empfehlungen für das Formulieren von Rechtsvorschriften:

„Die einzelnen Glieder einer Aufzählung können auch durch Kommas voneinander getrennt werden. In diesem Fall steht vor dem letzten Aufzählungsglied ‚und‘ oder ‚sowie‘, um den kumulativen Charakter der Aufzählung eindeutig zu machen. Kommt das Wort ‚und‘ schon innerhalb mehrteiliger Aufzählungsglieder vor, wird das letzte Glied der Aufzählung mit ‚sowie‘ angeschlossen.“ (ebd.)

  • Zwei gleichrangige Begriffe können Sie auch mit „sowohl … als auch“ verbinden. Dabei wird laut Duden (zu „sowohl“) hier die Tatsache betont, dass diese gleichwertig sind: Sowohl Paula als auch Mirko machten begeistert mit. Das ist ein stärkerer Fokus und verdeutlicht, dass Sie zunächst nicht erwartet hatten, dass beide Hunde so engagiert dabei waren.
  • Die Konjunktionen „einerseits“ und „andererseits“ können Sie hingegen nur bedingt für Aufzählungen gleichartiger Dinge verwenden. Denn üblicherweise stehen sie für etwas Entgegengesetztes eines Sachverhaltes: Paula war einerseits sehr verspielt, andererseits schnell müde. Dabei kann „andererseits“ auch allein stehen, wie der Duden (zu „einerseits, andererseits“) an folgendem Beispiel verdeutlicht: Du hast sicher recht mit deiner Einschätzung, andererseits solltest du bedenken, wie hart die Situation für ihn sein muss.
  • Auch „zum einen … zum anderen“ wird üblicherweise nicht für die Benennung von zwei Dingen verwendet, sondern benennt dem Duden (zu „zum einen, zum anderen“) zufolge zwei zu derselben Sache gehörende Aspekte oder Gegensätzlichkeiten: Zum einen hat es geregnet, zum anderen war es zu kalt. Sie bezeichnen quasi die zwei Seiten einer Medaille.

Tipps aus dem Lektorat

Worauf sollten Sie beim Verfassen Ihres Textes achten, wenn Sie zwei gleichrangige Begriffe benennen? Das sind meine Tipps:

  • Probieren Sie zunächst, ob nicht das schlichte „und“ ausreicht. Meist ist das der Fall. Sie brauchen hier auch nicht zu variieren, weil Sie befürchten, ein ständiges „und“ sei langweilig und nutze sich ab. In einer wissenschaftlichen Arbeit ist Präzision wichtiger als stilistische Aspekte wie begriffliche Vielfalt und Abwechslungsreichtum. Auch wenn Sie „und“ noch so oft verwendet haben – Sie können dabei bleiben.
  • Verwenden Sie ansonsten nur gängige paarige Formen: A und B sowie C und D – sowohl A als auch; bei Abstufungen: einerseits A, andererseits B – zum einen A, zum anderen B. Vermeiden Sie unübliche Kombinationen wie A sowie auch B – sowohl A und auch B – zum einen dies, andererseits das
  • Vermeiden Sie inhaltliche Redundanzen. Diese liegen vor, wenn etwas doppelt ausgedrückt wird; das ist unnötig und bläht den Text nur auf. Also nicht: A sowie auch B – sowohl A und auch B – zum einen dies, andererseits das.
  • Verbinden Sie nur Begriffe, die auch logisch zueinander passen. Neulich las ich: In dieser Arbeit werden zum einen verschiedene Quellen recherchiert. Diese werden zum anderen näher beschrieben und ausgewertet. Hier wird das Vorgehen in einer Arbeit beschrieben. Doch die Formulierung „zum einen, zum anderen“ ist irritierend, weil sie auf zwei verschiedene, nicht unbedingt zusammenhängende Arbeitsschritte schließen lässt. In diesem Fall besser geeignet sind Begriffe, die eine zeitliche Abfolge wiedergeben: Zunächst werden verschiedene Quellen recherchiert. Anschließend werden diese beschrieben und ausgewertet.

Je präziser und klarer eine Bachelor- oder Masterarbeit formuliert ist, desto souveräner wird der Sachverhalt dargestellt. Gern überprüfe ich im Rahmen des Wissenschaftslektorats auch Ihre Bachelor- oder Masterarbeit.

Wie Sie mehr als zwei gleichrangige Begriffe aufzählen, erfahren Sie in diesem Artikel.

© Dr. Anette Nagel. Artikel erschienen im Mai 2018.

Über Pudel und Möpse – vor allem aber über „und“