Richtiges Zitieren (6): Was muss ich beim Literaturverzeichnis beachten?

Ein Literaturverzeichnis verzeichnet alle Quellen, aus denen Sie in Ihrer Arbeit zitiert haben. Das ist der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich (fast) alle Vorgaben zum Aufbau eines Literaturverzeichnisses bringen lassen.

Dann fangen aber die Fragen an: Muss ich es weiter unterteilen? Wie ordne ich die Einträge an? Wie verfahre ich, wenn es mehrere Quellen desselben Autors gibt? Und in welcher Reihenfolge stehen die Einzelangaben in einem Eintrag?

Das ist je nach Zitierstil (zum Beispiel Harvard, APA, Chicago Style) unterschiedlich. Informationen dazu finden Sie vielleicht in Ihren Zitierrichtlinien. Im Folgenden gehe ich auf zitierstilübergreifende Fragen ein, bei denen unserer Erfahrung nach oft ein gewisser Auslegungsspielraum besteht.

Vorab ein paar Begriffsdefinitionen

Quelle oder Literatur?

Informationen über einen bestimmten Sachverhalt gewinnen wir aus Quellen. Archäologen können auch aus Steinen oder Knochen Informationen gewinnen; in dem Fall sind diese Gegenstände die Quelle für neue Erkenntnisse. In einer wissenschaftlichen Arbeit (wie einer Bachelor- oder Masterthesis oder Dissertation) werden neue Erkenntnisse vor allem aus gedruckter Literatur gewonnen, zum Beispiel aus Büchern oder Artikeln aus Zeitschriften oder Sammelbänden, aber auch aus Briefen, E-Mails, Gesetzen, Internetquellen, Filmen, Bildern oder Interviews.

All dies bezeichne ich im Folgenden als Quellen. Dabei unterscheide ich nicht – wie es in einigen Studienfächern oft gemacht wird – zwischen Quellen als den primären schriftlichen Zeugnissen (zum Beispiel Goethes Faust oder dem Bundesgesetzblatt), auch Primärliteratur genannt, und Literatur als später entstandenen Texten zu diesen Quellen (zum Beispiel eine Studie zur deutschen Literatur des 18. Jahrhunderts oder ein Gesetzeskommentar), auch Sekundärliteratur genannt. Quellen sind im Folgenden (sofern nicht anders vermerkt) alle Materialien, aus denen Sie für Ihre Bachelor- oder Masterarbeit Informationen beziehen, die Sie daher mit einem Quellenbeleg versehen und im Literaturverzeichnis aufführen müssen.

Quellenverzeichnis, Literaturverzeichnis oder Bibliografie?

Dementsprechend verwende ich übergreifend auch meist den Begriff Literaturverzeichnis. Oft wird ein Literaturverzeichnis von einem Quellenverzeichnis abgegrenzt: Demnach werden in einem Quellenverzeichnis nur die Primärquellen aufgeführt (zum Beispiel alte Handschriften, Erstausgaben von literarischen Werken, Gesetzestexte), im Literaturverzeichnis hingegen die Sekundärliteratur, die zu diesen Quellen erschienen ist.

Davon abzugrenzen ist die Bibliografie: Sie listet alle verfügbare Literatur auf, die es zu einem Thema gibt. Bei einer Bachelor- oder Masterarbeit wird im Literaturverzeichnis aber nur die Literatur aufgeführt, aus der auch zitiert wurde, und nicht alle Literatur, die es zu dem jeweiligen Thema gibt.

Welche Quellen gehören ins Literaturverzeichnis – und welche nicht?

Alle Quellen, aus denen Sie zitieren (sei es wörtlich oder sinngemäß) und für die es also im Text (mindestens) einen Quellenbeleg gibt, werden im Literaturverzeichnis aufgeführt.

Keine Regel ohne Ausnahme: Viele Richtlinien sehen vor, dass unveröffentlichte Quellen dort nicht aufgeführt zu werden brauchen. Dazu gehören zum Beispiel persönliche Kommunikation wie Briefe oder E-Mails, die Sie erhalten haben, Notizen oder Vorlesungsskripte. Die Begründung: Da die Quellen nicht gedruckt vorliegen, können sie vom Leser auch nicht bei Interesse herangezogen werden – daher brauchen sie gar nicht erst im Literaturverzeichnis aufgeführt zu werden.

Es gibt aber auch die Ansicht, wonach unveröffentlichte Literatur sehr wohl im Literaturverzeichnis aufgeführt wird. Diese kann zum Beispiel nach dem eigentlichen Verzeichnis unter der Überschrift „Unveröffentlichte Quellen“ stehen. Oder diese Quellen werden im Literaturverzeichnis alphabetisch einsortiert, werden aber mit dem Verweis „unveröffentlicht“ versehen.

Nicht im Literaturverzeichnis aufgeführt werden auch Quellen, die Sie während des Schreibens an Ihrer Arbeit gelesen haben und aus denen Sie Hintergrundwissen zum Thema erworben haben, aus denen Sie aber nicht zitieren.

Soll das Literaturverzeichnis weiter unterteilt werden?

Folgende Unterteilungen eines Literaturverzeichnisses sind möglich:

a) Nach Quellen und Sekundärliteratur

Wie erwähnt wird in den Literaturwissenschaften, anderen historisch ausgerichteten Studienfächern oder den Rechtswissenschaften häufig zwischen Quellen und Sekundärliteratur unterschieden. Im Verzeichnis werden dann meist zuerst die Quellen aufgeführt, dann die Sekundärliteratur. In diesem Fall wird ein Leser aber in beiden Unterverzeichnissen suchen müssen, um eine im Text genannte Literaturangabe zu finden. Um dies zu vermeiden, ist es zum Beispiel möglichen, beide Quellenarten in einem kombinierten Quellen- und Literaturverzeichnis zusammenzufassen.

b) Nach gedruckten Quellen und Internetquellen

Diese Unterscheidung war früher durchaus gängig: Zuerst wurde die gedruckte Literatur und danach die Onlineliteratur aufgeführt. Diese Unterteilung entsprach einer qualitativen Abstufung: So galten gedruckte Quellen eher als seriös, Internetquellen als flüchtig, von oft unklarer Herkunft und damit als tendenziell unseriös.

Eine solche Unterteilung macht beim Lesen einer Arbeit aber (unnötige) Mühe: Denn wenn Sie eine im Text erwähnte Quelle im Literaturverzeichnis finden möchten, müssen Sie häufig an zwei Stellen suchen.

Heute wird eine solche Unterteilung nur noch selten vorgenommen: Zum einen sind Internetquellen heute nicht mehr pauschal dem Verdacht ausgesetzt, nicht zitierfähig zu sein. Zum anderen sind heute viele Quellen, zum Beispiel Zeitschriftenartikel oder Gesetzestexte, auch online verfügbar. Wo sollten sie bei einer Unterteilung in gedruckte und Onlinequellen angegeben werden? Die Grenzen zwischen gedruckten und Onlinequellen verschwimmen zusehends; das macht eine solche Unterteilung überflüssig.

c) Sonstige Möglichkeiten der Unterteilung

Möglich ist auch eine Auslagerung der unveröffentlichten Quellen wie E-Mails oder Briefe – sofern diese überhaupt im Literaturverzeichnis aufgeführt werden sollen. Hierzu machen die Zitierstile unterschiedliche Vorgaben.

Meine Kollegin 😉 findet es zum Beispiel sinnvoll, Quellen auszulagern, wenn sich die Arbeit zu einem großen Teil mit einer Reihe von unveröffentlichten Quellen auseinandersetzt. So können diese beim Lesen des Verzeichnisses direkt überschaut werden und bereits einen Eindruck über den Gegenstand der Untersuchung vermitteln. Interessant ist dann auch die Angabe des Fundorts der Quellen, etwa das Archiv, in dem diese eingesehen wurden, oder der Hinweis, dass es sich um eine private Korrespondenz mit einem Autor oder einer Expertin handelt.

In welcher Reihenfolge werden die Quellen aufgeführt?

Im Literaturverzeichnis werden die darin aufgeführten Quellen üblicherweise alphabetisch angeordnet. Die Sortierung können Sie durch Ihr Textverarbeitungsprogramm vornehmen lassen. Bei Word 2019 finden Sie diese Funktion unter Start – Absatz – Sortieren.

Wenn es mehrere Quellen eines Autors oder einer Autorin gibt, werden diese üblicherweise chronologisch (zuerst die älteren Werke) und dann alphabetisch nach dem Titel angeordnet. Zuerst kommen die Einzelpublikationen, anschließend gegebenenfalls Titel, die mit anderen Personen zusammen verfasst worden sind.

Was muss ich beachten, wenn zwei Quellen eines Autors aus demselben Jahr stammen?

Ein Quellenbeleg im Text muss immer eindeutig auf die Quelle im Literaturverzeichnis verweisen, die gemeint ist. Wenn Sie nun aber in Ihrer Arbeit aus zwei Publikationen von Dreyer zitieren, die beide im Jahr 2015 erschienen sind, dann reicht ein Quellenbeleg wie Dreyer 2015 dafür nicht mehr aus.

Die meisten Zitierrichtlinien sehen für einen solchen Fall die Verwendung von Kleinbuchstaben vor. In diesem Fall ergänzen Sie die Jahresangaben im Literaturverzeichnis um a und b: Dreyer, Dennis (2015a): Pudel in Kitas … bzw. Dreyer, Dennis (2015b): Zur hundegestützten Therapie … (Die Reihenfolge der Titel ergibt sich aus der alphabetischen Sortierung des Titels: Pudel kommt vor Zur). Um die eindeutige Identifizierung zu ermöglichen, versehen Sie auch die Quellenbelege im Text mit diesen Buchstaben (Dreyer 2015a und Dreyer 2015b), je nachdem, welche Quelle gemeint ist.

Maßgeblich für die Vergabe der Buchstaben ist die Reihenfolge der Quellen im Literaturverzeichnis, nicht die Reihenfolge der Nennung der Quellen im Text. Theoretisch kann es daher vorkommen, dass im Text immer nur aus der Quelle Dreyer 2015b zitiert wird und nur einmal, vielleicht erst im letzten Kapitel, aus der Quelle Dreyer 2015a. Das ist völlig korrekt.

Noch ein Tipp: Die Schreibweise Dreyer 2015 sollte dann nicht mehr vorkommen, nur noch Dreyer 2015a usw. Denn alle Quellen von Dreyer aus dem Jahr 2015 erhalten einen Kleinbuchstaben, nicht erst die zweite und folgende, wie es unserer Erfahrung nach gelegentlich gehandhabt wird.

Was mache ich, wenn es verschiedene Auflagen eines Buches gibt?

Am besten verwenden Sie immer die aktuelle Auflage eines Buches. Diese Auflage geben Sie im Literaturverzeichnis an (üblicherweise vor dem Erscheinungsort, je nach Zitierstil entweder in Klammern oder durch Komma getrennt). Für einen Kurzbeleg dieser Quelle verwenden Sie das Jahr, in dem diese Auflage erschienen ist – nicht das Jahr der Erstausgabe.

Nun kann es seltsam aussehen, wenn im Text eine Quellenangabe wie Montessori 2015 steht – wo doch Maria Montessori ihre Ideen zur Reformpädagogik im frühen 20. Jahrhundert entwickelt hat. Falsch ist das aber nicht: In diesem Fall zitieren Sie eine Schrift von Maria Montessori aus dem Jahr 1910 nach einer aktuellen Auflage aus dem Jahr 2015. Sie können aber in einem solchen Fall das Erscheinungsjahr der Erstauflage ergänzen, zum Beispiel so: Montessori 2015, Erstauflage 1910; dieser Hinweis sollte auch im Literaturverzeichnis stehen. Alternativ können Sie das Jahr der Erstauflage in eckige Klammern setzen: Montessori 2015 [1910].

Was muss ich beim Anlegen des Literaturverzeichnisses außerdem beachten?

Folgendes bereitet unserer Erfahrung nach oft Schwierigkeiten:

  • Die Reihenfolge der Autoren richtet sich danach, wie sie in der Quelle selbst aufgeführt werden. Die Namen werden also nicht alphabetisch sortiert. So kann es sein, dass Sie beispielsweise aus der Quelle Müller, Meier, Schulze (2010) zitieren, aber auch aus der Quelle Schulze, Meier, Müller (2010). Diese Quellen sind nicht identisch: Die erste steht im Literaturverzeichnis unter M, die zweite unter S, auch wenn es sich möglicherweise um dieselben Personen handelt.
  • Akademische Titel werden nicht genannt, also nicht: Dreyer, Prof. Dr. Dennis (2015): …, sondern: Dreyer, Dennis (2015): … Auch im Text werden akademische Titel in der Regel nicht genannt. Denn in wissenschaftlichen Texten wird häufig aus Veröffentlichungen aus der Wissenschaft zitiert, sodass fast alle Autoren und Autorinnen einen akademischen Titel tragen. Die Angabe eines Titels eignet sich daher nicht zur Verdeutlichung, dass Sie nur Quellen von ausgewiesenen Experten und Expertinnen zitieren – davon wird sowieso ausgegangen.
  • Adelstitel werden üblicherweise so geschrieben: Adelung, Albert von: … Daraus ergibt sich die Einordnung des Literatureintrags unter dem Buchstaben A. Im Text schreiben Sie jedoch: Adelung führt hierzu aus: … oder aber: Von Adelung führt hierzu aus: … Für Adelstitel in anderen Sprachen gibt es unterschiedliche Regeln. Näheres dazu finden Sie (hoffentlich) in Ihren Richtlinien. Sofern nicht anders vermerkt, würde ich beispielsweise für die beiden Namen Charlotte de la Motte und Maarten ‘t Hart analog zur deutschen Vorgehensweise verfahren: im Verzeichnis Hart, Maarten ‘t und Motte, Charlotte de la, aber im Text de la Motte und ‘t Hart; Begründung: Das „de la“ entspricht dem deutschen „von“, „‘t“ steht etwa für „zum“ oder „dem“.

© Dr. Anette Nagel. Artikel erschienen im Oktober 2019.

Richtiges Zitieren (6): Was muss ich beim Literaturverzeichnis beachten?