Richtiges Zitieren (7): Welcher Zitierstil für welches Studienfach?

APA, Chicago Style, Harvard Notation, deutsche Zitierweise – die Auswahl ist riesig. Das macht es nicht leicht, den passenden Zitierstil für die eigene Bachelor- oder Masterarbeit zu finden. Gut zu wissen: Für bestimmte Studienfächer haben sich bestimmte Zitierstile als Standard herausgebildet. Dieser Artikel beschreibt, welcher Zitierstil sich für Ihr Studienfach anbietet und wie Sie den für Ihre Arbeit geeigneten Zitierstil finden können.

Bei der Wahl einer für Ihre Arbeit passenden Zitierweise sollten Sie wie folgt vorgehen:

(1) Vielleicht gibt es Richtlinien oder Vorgaben für Ihren Studiengang oder Fachbereich. Schlagen Sie als Erstes in der Prüfungsordnung nach. Vielleicht gibt es auch spezielle Zitierrichtlinien. Dort werden Sie sicherlich fündig.
(2) Falls nicht, fragen Sie Ihren Prüfer oder Ihre Betreuerin. Vielleicht schlägt er oder sie Ihnen einen bestimmten Zitierstil vor.
(3) Oder fragen Sie eine Tutorin oder einen Kommilitonen oder schlagen Sie in Abschlussarbeiten nach, die an Ihrem Fachbereich entstanden sind. Auch solche inoffiziellen Informationen können Ihnen den Weg weisen.
(4) Wenn Sie danach immer noch nicht schlauer sind, machen Sie sich selbst auf die Suche nach einem Zitierstil, der für Ihren Studiengang gut geeignet ist.

Genau damit befasst sich dieser Artikel: Welcher Zitierstil ist für Ihren Studiengang am besten geeignet? Denn die Zitierstile sind nicht im luftleeren Raum entstanden, sondern angepasst an die Art und Weise, wie in den jeweiligen Studiengängen zitiert wird.

Ein Blick zurück: Wie haben sich die verschiedenen Zitierstile entwickelt?

Die klassische deutsche Zitierweise

Bis ungefähr in die 1980er Jahre war das Zitieren in deutschsprachigen wissenschaftlichen Arbeiten klar geregelt: Nach einem wörtlichen (direkten) oder sinngemäßen (indirekten) Zitat wurde im Text ein Fußnotenzeichen eingefügt und in der dazugehörigen Fußnote auf die jeweilige Quelle verwiesen. Dieser Fußnotenbeleg konnte in drei Formen vorkommen (vgl. DUDEN: Systematische Materialsammlung – Bücherbenutzung – Manuskriptgestaltung, von Klaus Poenicke und Ilse Wodke-Repplinger. Mannheim, Wien, Zürich: Dudenverlag, 147–168):

(1) Vollbeleg bei Erstnennung: Wird in der Arbeit zum ersten Mal aus einer Quelle zitiert, werden in der Fußnote alle Angaben aufgeführt, zum Beispiel so: Vgl. Marlies Müller: Der Einsatz von Hunden in Kindergärten unter besonderer Berücksichtigung des Pudels, Köln 1950, S. 40.

(2) Kurzbeleg bei Folgenennungen: Wenn erneut aus dieser Quelle zitiert wird, werden – neben der Seitenzahl – nur noch die Angaben genannt, die zur Identifizierung der Quelle erforderlich sind. In diesem Fall ist das zum Beispiel der Nachname der Verfasserin sowie ein Kurztitel, zum Beispiel: Vgl. Müller, Einsatz von Hunden, S. 40. Laut Dudenratgeber von 1977 kann auch der Nachname in Verbindung mit dem Erscheinungsjahr angegeben werden. Dies wird insbesondere für Arbeiten aus den Naturwissenschaften empfohlen, weil hier das Publikationsdatum für den Leser interessant sein kann. Ein Beispiel: Vgl. Müller 1950, S. 40.

(3) Belegverweisung: Beim erneuten Zitieren einer Quelle ist es auch möglich, nur den Nachnamen der Verfasserin und dann a. a. O. (= am angegebenen Ort) zu schreiben. Wenn direkt danach wieder dieselbe Quelle genannt wird, reicht ibid. (ibidem) oder ebd. (ebenda).

Diese Zitierweise wird heute allgemein als deutsche Zitierweise bezeichnet. Charakteristisch ist, dass alle Quellenbelege in Fußnoten stehen. Fußnoten werden außerdem für weiterführende Anmerkungen zum Text verwendet:

„Fußnoten stellen die in wissenschaftlichen Arbeiten hauptsächlich gebrauchte Form der Anmerkung dar. Sie nehmen Informationen auf, die zur ergänzenden Unterrichtung des Lesers nützlich oder notwendig sind, den unmittelbaren Textzusammenhang jedoch stören würden. Hierzu gehören 1) vollständige Belege mittelbar oder unmittelbar benutzter Quellen, 2) Verweise auf ergänzende oder kontrastierende Quellen (eingeleitet durch Wendungen wie ‚siehe auch‘, ‚so auch‘, ‚anders aber‘), 3) Hinweise auf andere Teile des eigenen Manuskripts […], 4) Informationen, die zwar von der Hauptlinie der Textargumentation abweichen, aber doch zur Ergänzung, Kontrastierung oder zum vertiefenden Verständnis wichtig scheinen.“ (Duden 1977, 126 f.)

Der Dudenratgeber beschreibt aber auch die Möglichkeit, Kurzbelege direkt im Text unterzubringen; dies biete sich vor allem für Texte aus den Naturwissenschaften an (ebd., 166 f.).

Die Tendenz, auf Fußnoten zu verzichten und Quellenbelege direkt im Text unterzubringen, hat sich in den folgenden Jahrzehnten verstärkt, auch durch Übernahme der Zitierstile anderer Länder in die deutsche Wissenschaftspraxis (siehe unten).

Neue Zitierweisen kommen auf

Mit zunehmender internationaler Ausrichtung von Wissenschaft und Lehre etablierten sich in Deutschland Ende des 20. Jahrhunderts mehr und mehr die Zitierstile anderer Länder. Der Grund dafür war nicht nur der Wunsch nach länderübergreifender Standardisierung, sondern auch die Tatsache, dass diese oft kürzer und prägnanter waren als der recht umständliche deutsche Zitierstil mit Vollbeleg (bei Erstnennung einer Quelle).

Zunächst ist hier die Harvard Notation zu nennen. Die wesentliche Neuerung gegenüber der traditionellen deutschen Zitierweise besteht darin, dass Quellen direkt im Text in Klammern belegt werden, nicht in einer Fußnote. Fußnoten sind aber nach wie vor möglich – jedoch nicht für Quellenangaben, sondern für weiterführende Hinweise, für die im Text kein Platz ist.1

1  Übrigens: Anders als oft zu lesen wurde die Harvard-Zitierweise nicht an der US-amerikanischen Harvard University speziell für die Wirtschaftswissenschaften entwickelt. Der Beitrag dieser Universität an der Entwicklung der Harvard-Zitierweise beschränkt sich vielmehr darauf, dass Mitte des 20. Jahrhunderts im Katalog der Harvard-Bibliothek die Quellen in der Reihenfolge Autor, Jahr, Titel aufgeführt wurden (statt – wie vorher üblich – in der Reihenfolge Autor, Titel, Jahr). Dies erfolgte in Anlehnung an verschiedene zoologische Fachartikel. Der Begriff „Harvard-System“ beschreibt daher nichts anderes als das Prinzip, Quellen im Text nach dem Autor-Jahr-System zu belegen und die Quellen im Literaturverzeichnis entsprechend anzugeben. Die weitere Ausarbeitung der sogenannten Harvard Notation fand Jahre später vor allem an britischen Universitäten statt (Quelle).

Während der Harvard-Zitierstil zunächst meist mit Texten aus den Wirtschaftswissenschaften in Verbindung gebracht wurde, wird er heute für Texte fast aller Studienfächer verwendet, und das nicht nur in den USA, sondern auch in Europa.

Der Begriff „Harvard Notation“ oder angelsächsische bzw. amerikanische Zitierweise wird heute meist recht allgemein verwendet und bedeutet nur, dass die Quellenbelege direkt im Text stehen und nicht in einer Fußnote. Es gibt nicht den Harvard-Zitierstil, der in einem bestimmten Handbuch oder einer Richtlinie fixiert ist und in dieser Form verbindlich ist. Vielmehr wird der Zitierstil von verschiedenen Hochschulen und Universitäten unterschiedlich ausgelegt. Ein Beispiel: Wenn Sie aus einer Quelle mit zwei Autoren zitieren, können Sie Meier und Müller schreiben, Meier & Müller oder Meier/Müller. Das Publikationsjahr können Sie mit Komma oder nur mit Leerzeichen vom Namen trennen; vor die Seitenzahl können Sie „S.“ schreiben – oder auch nicht. Vieles ist möglich. Sie sollten sich daher für eine Form entscheiden (bzw. für die Vorgaben einer Institution) und diese einheitlich anwenden.

Im Laufe der Jahre etablierten sich weitere Zitierstile in Deutschland, zum Beispiel der APA-Stil. Auch hier stehen – wie bei der Harvard Notation – Quellenbelege in Klammern direkt im Haupttext, nicht in einer Fußnote. Diese Zitierstile unterscheiden sich im Wesentlichen darin, wie die Quellen im Literaturverzeichnis angegeben werden müssen (darauf gehe ich bei der Beschreibung der einzelnen Zitierstile genauer ein).

Die einzelnen Zitierstile wurden außerdem immer weiter ausdifferenziert. So kam es schließlich zu der Fülle von Hunderten von Zitierstilen, unter denen Sie heute wählen können. Diese lassen sich letztlich auf vielleicht 10 bis 20 eigenständige Zitierstile zurückführen.

Welcher Zitierstil? Das Fachgebiet als Orientierung

Die Zitierstile sind somit in Anlehnung an die besonderen Anforderungen der unterschiedlichen Fachgebiete entstanden. Dies gilt sowohl für die Zitierstile, die in den USA entwickelt wurden (zum Beispiel APA, Chicago, Vancouver Style), als auch für die deutschen Zitierstile (die sich jedoch fast ausschließlich an die US-amerikanischen Vorbilder anlehnen bzw. sie übernehmen). Später wurden die Zitierstile oft auf andere Fachdisziplinen erweitert. Daher kann die jeweilige Fachdisziplin ein guter Anhaltspunkt für die Wahl eines bestimmten Zitierstils sein. An Folgendem können Sie sich orientieren:

  • Bei Texten aus den Geisteswissenschaften werden Quellenbelege nach wie vor oft in den Fußnoten angegeben. Dies ist deshalb sinnvoll, weil die Quellenbelege und Anmerkungen oft lang sind und daher nicht im Fließtext untergebracht werden können, wo sie den Lesefluss zu stark unterbrechen würden. Nicht nur die deutsche Zitierweise, sondern auch der Chicago-Stil sieht Quellenbelege in den Fußnoten vor. Einige Zitierratgeber sehen dies sogar als charakteristisch für den Chicago-Stil an. Das ist jedoch verkürzt. Denn nach dem Chicago-Stil können die Quellen auch direkt im Text belegt werden (zum Beispiel Müller 1950, 10). Beide Möglichkeiten des Quellenbelegs – in den Fußnoten und direkt im Text – gibt es auch beim Turabian-Stil, einer abgespeckten Version des Chicago-Stils, der speziell für Studierende entwickelt wurde. Er ist in Deutschland aber wenig bekannt.
  • Für die Wirtschaftswissenschaften sollte die Zitierweise kurz und präzise sein. Gut geeignet hierfür ist zum Beispiel der Harvard-Stil: Hier stehen die Quellenbelege direkt im Text (also nicht in einer Fußnote), und zwar im Autor-Jahr-System (zum Beispiel Müller 1950: 10). Für den Harvard-Stil gibt es keine originale Quelle, sondern er wird von verschiedenen Universitäten unterschiedlich ausgelegt. Das Autor-Jahr-System wird heute auch in den Naturwissenschaften und anderen Disziplinen verwendet. Auch in den Naturwissenschaften wird heute das Autor-Jahr-System verwendet.
  • Für die Psychologie entwickelte die American Psychological Association (APA) bereits in den 1920er Jahren einen eigenen Zitierstil, bei dem Quellenbelege ebenfalls direkt im Text stehen (zum Beispiel Müller, 1950, S. 10). Auch dieser APA-Stil verwendet (wie der Harvard-Zitierstil) das Autor-Jahr-System. Dieser Zitierstil ist in einem Handbuch niedergelegt, dem APA Manual, das fortlaufend aktualisiert wird und in der 5. Auflage (2010) vorliegt. Es macht nicht nur Vorgaben zur Zitierweise, sondern enthält auch umfassende Anweisungen zum wissenschaftlichen Arbeiten.
  • Auch in Texten anderer Disziplinen wie den Sozialwissenschaften wird heute meist nach dem APA-Stil zitiert, ebenso in den Natur- und Geisteswissenschaften. Er ist heute einer der gängigsten Zitierstile.
  • Für die Sprachwissenschaften hat sich der MLA-Stil (Modern Language Association) etabliert. Er sieht äußerst knappe Quellenbelege im Autor-Seite-System direkt im Text vor (zum Beispiel Müller 10). Dies ist äußerst platzsparend und damit gut für Arbeiten geeignet, in denen in rascher Abfolge Textpassagen zitiert werden, wie es eben in sprachwissenschaftlichen Texten oft der Fall ist.
  • In der Medizin wird heute oft der Vancouver-Stil verwendet, der 1978 von einigen Herausgebern medizinischer Zeitschriften in Vancouver festgelegt wurde. Hier wird im Text mit fortlaufenden Nummern auf die Quellen verwiesen, die in einer Literaturliste aufgeführt werden (zum Beispiel [1, S. 10]).
  • Der Zitierstil in den Rechtswissenschaften orientiert sich am OSCOLA-Zitierstil (Oxford University Standard for Citation of Legal Authorities), der in englischsprachigen Ländern weit verbreitet ist. In Deutschland wird er meist nicht unter diesen Namen verwendet; vielmehr gibt es an den Instituten normalerweise Richtlinien mit genauen Angaben dazu, wie die unterschiedlichen Quellen (Monografien, Handbücher, Gesetzestexte, Kommentare usw.) in den Fußnoten und im Literaturverzeichnis aufgeführt werden sollen. Die Quellenbelege stehen in der Regel in Fußnoten.

Diese Liste kann fortgeführt werden: So gibt es in den Sozialwissenschaften beispielsweise außerdem den Zitierstil der AAA (American Anthropological Association), in den Naturwissenschaften den Zitierstil der ACS (American Chemical Society), in der Informatik und Technik den Zitierstil des IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers) und für Texte der Politikwissenschaften den Zitierstil APSA (American Political Science Review).

Die Vielzahl an Zitierstilen und Bezeichnungen sollte aber nicht überbewertet werden. In meinem Berufsalltag als Lektorin bin ich nur mit wenigen davon in Berührung gekommen: deutsche Zitierweise, Harvard Notation, MLA, APA und Chicago-Stil – mehr eigentlich nicht. In vielen Richtlinien wird zudem nicht der Name eines Zitierstils genannt, sondern gleich die Zitierweise beschrieben, die in den Bachelor- oder Masterarbeiten des jeweiligen Fachbereichs gelten soll.

Zusammenfassung: Welcher Zitierstil für welches Fachgebiet?

Die Zitierweise sollte sich nach den Vorgaben oder Konventionen an Ihrer Universität richten, aber auch nach dem Fachgebiet Ihrer Arbeit. Allgemein werden heute Zitierstile bevorzugt, bei denen die Quellenbelege in Klammern direkt im Text stehen (zum Beispiel Harvard Notation oder APA-Stil). Dies gilt besonders für Texte aus den Natur- oder Wirtschaftswissenschaften. Für Texte aus den Rechts- oder Geisteswissenschaften kann hingegen eine Fußnotenzitiertechnik besser geeignet sein (zum Beispiel die deutsche Zitierweise).

Wenn Sie diese erste grundlegende Frage – Quellenbelege in den Fußnoten oder im Text? –für sich geklärt haben, können Sie weiter ins Detail gehen und sich für einen konkreten Zitierstil entscheiden, den Sie dann in Ihrer Abschlussarbeit konsequent anwenden.

© Dr. Anette Nagel. Artikel erschienen im November 2019.

Mein Service: Im Rahmen des Wissenschaftslektorats prüfe ich gern, ob Sie die gewählte Zitierweise konsequent und einheitlich in Ihrer Bachelor- oder Masterarbeit anwenden und ob alle Quellenbelege, die im Text oder in den Fußnoten aufgeführt werden, auch im Literaturverzeichnis verzeichnet sind.

Richtiges Zitieren (7): Welcher Zitierstil für welches Studienfach?