Ob Bachelorarbeit oder Masterthesis – am Anfang steht immer die Frage: Wie kann ich das Thema einer wissenschaftlichen Arbeit finden? Es sollte nicht nur interessant sein, sondern sich auch gut eingrenzen lassen – damit Sie sich nicht verzetteln, sondern rechtzeitig fertig werden. Dieser Beitrag gibt Tipps, was Sie bei der Themenfindung beachten sollten.
Ausgangspunkt: Ihr persönliches Interesse
Ihre Abschlussarbeit (Bachelor‑, Masterarbeit) steht an – und damit zunächst die Aufgabe, das passende Thema einer wissenschaftlichen Arbeit zu finden. Vielleicht bekommen Sie Ihr Thema gestellt? Dann brauchen Sie sich darüber nicht den Kopf zu zerbrechen. Meist können Sie aber selbst Ihr Thema wählen – oder zumindest dabei mitentscheiden. Doch worauf kommt es dabei an? Zwei Dinge sind wichtig:
- Das Thema sollte Sie persönlich interessieren. Das hält die Motivation hoch, sich über Wochen oder Monate damit zu beschäftigen.
- Von Vorteil ist es auch, wenn Sie bereits recht viel darüber wissen. Dann brauchen Sie sich nicht erst komplett in die Materie einzuarbeiten.
Ein Interesse am Thema und etwas Vorwissen sollte also vorhanden sein. Nehmen wir für die folgenden Ausführungen einmal folgendes fiktive Szenario an, das Sie vielleicht schon aus anderen Artikeln kennen:
Sie studieren Sozialpädagogik. In Ihrer Freizeit sind Sie mit Ihrem Pudel viel unterwegs und nehmen mit ihm regelmäßige Besuchsdienste in einem Altenheim wahr. Ihr Faible für Hunde und Ihre Kenntnisse auf diesem Gebiet möchten Sie sich für Ihre wissenschaftliche Abschlussarbeit zunutze machen. Deshalb suchen Sie ein passendes Thema – vielleicht, ob Pudel bestimmte Rassespezifika aufweisen, die sie für den Einsatz im Rahmen der tiergestützten Therapie oder Pädagogik besonders gut geeignet erscheinen lassen. So könnte die Idee zu Ihrem Thema geboren sein.
Formale Eignung des Themas abklären
Um das Thema zu konkretisieren, informieren Sie sich in der Studien- und Prüfungsordnung, welche Anforderungen an die jeweilige Arbeit überhaupt gestellt werden: Wie lang soll sie sein? Ist eine eigenständige wissenschaftliche Leistung erforderlich? (Das ist bei Bachelor- und Masterarbeiten nicht unbedingt der Fall, wird aber oft gewünscht.) Besprechen Sie auch mit Ihrem Professor oder Ihrer Betreuerin die Eignung des möglichen Themas der wissenschaftlichen Arbeit.
Brainstorming
Fragen Sie Kommilitonen und Bekannte, was ihnen zu Ihrem geplanten Thema spontan einfällt. Vielleicht erhalten Sie so einen Hinweis darauf, was andere damit verbinden – und merken, dass man das Thema aus einer ganz anderen Warte aus betrachten kann, als Sie es bislang getan haben.
Auch ein Mindmap kann eine Hilfe sein, um Ihre Gedanken zu ordnen, Verbindungen zu schaffen oder ein Thema auszudifferenzieren (vgl. Duden-Ratgeber 2012, 57, 65, 112–114).
Erste Literaturdurchsicht
Parallel zum Brainstorming sollten Sie sich einen Überblick über die vorhandene Literatur verschaffen. Richten Sie Ihr Augenmerk auf folgende Fragen:
(1) Wie viel Literatur gibt es schon zum Thema? Ungünstig wäre es, wenn eine Fülle an Literatur vorliegt, das Thema also erschöpfend behandelt ist und Sie keinen Ansatzpunkt für eine eigene wissenschaftliche Leistung sehen.
Irritierend wäre es aber auch, wenn es zu Ihrem anvisierten Thema noch keine Literatur gibt. Spontan denken Sie: Wunderbar, dann leiste ich Pionierarbeit und stoße eine neue Forschungsrichtung an. In der Praxis dürfte dies aber selten vorkommen. Eher ist ganz nüchtern davon auszugehen, dass sich das Thema vielleicht nicht für eine wissenschaftliche Bearbeitung eignet, und das aus Gründen, die Ihnen vielleicht erst nach einiger Zeit auffallen würden: zum Beispiel weil es ein extrem aufwendiges Untersuchungsdesign erfordert – oder weil sich die Relevanz des Themas für die Praxis nicht finden lässt. Vielleicht ist die Zeit einfach noch nicht reif für Pudel in der Pädagogik?
(2) Wie zugänglich ist die Literatur? Auch das ist ein wichtiger Aspekt. Denn was bringt es, wenn es ausschließlich französisch- oder spanischsprachige Literatur zum Thema gibt? Oder die Quellen weder digital verfügbar noch über Fernleihe zu beschaffen sind? Oder die vorhandenen Studien so knifflige Methoden verwenden oder so kompliziert formuliert sind, dass Sie die Ausführungen nur schwer nachvollziehen können?
(3) Wie wird das Thema derzeit in der Forschung behandelt? Verschaffen Sie sich einen Überblick über die Literatur (Bücher, Aufsätze, Internetquellen usw.) der vergangenen fünf bis zehn Jahre: Wie wird das Thema gesehen, eher positiv oder skeptisch? Gibt es thematische Schwerpunkte? Oder sehen Sie Lücken?
Vielleicht erkennen Sie auch einen Widerspruch in der Literatur? Das wäre ebenfalls ein Anknüpfungspunkt für Ihre Arbeit. So könnte zum Beispiel in vielen Studien über tiergestützte Pädagogik stehen, dass es nicht auf die Hunderasse ankommt, sondern auf das individuelle Tier. Wichtig sei eine gute Prägung als Welpe und das möglichst frühzeitige Heranführen an die künftigen Aufgaben in der Kita. In Foren lesen Sie aber immer wieder, dass bestimmte Hunderassen besser nicht eingesetzt werden sollten. So wird zum Beispiel davon abgeraten, einen Husky als Therapiehund ausbilden zu lassen, weil sich dieser in warmen Räumen nicht wohlfühlt und lieber durch die Gegend läuft statt zu spielen. Hier sehen Sie einen Widerspruch, dem Sie nachgehen möchten – und das Thema für Ihre Arbeit ist geboren.
Eingrenzung des Themas
Nach langem Überlegen, um das Thema einer wissenschaftlichen Arbeit zu finden, ist es so weit: Sie haben eine Fragestellung eingefunden, die Sie interessiert und der Sie nachgehen möchten. Nun gilt es, das Thema einzugrenzen – damit Sie sich später nicht verzetteln, sondern rechtzeitig fertig werden.
Gerade wenn es schon viel Literatur zum Thema gibt, sollten Sie aufpassen: Allein die Beschreibung der Forschungslage in Ihrer Arbeit kann zeitaufwendig werden und (zu) viel der meist eher knapp bemessenen Seitenzahl verschlingen. In dem Fall können Sie verschiedene Möglichkeiten prüfen: Sie können zum Beispiel
- einen Schwerpunkt setzen („unter besonderer Berücksichtigung von“),
- einen Anwendungsbereich konkretisieren („am Beispiel von“),
- einen bestimmten Aspekt auswählen („vor dem Hintergrund von“),
- die Darstellung zeitlich eingrenzen,
- Beziehungen herstellen,
- einen Einzelfall beschreiben,
- die Quellen eingrenzen („im Spiegel der“) oder
- Neues hervorheben (vgl. dazu Kornmeier 2016, 53).
Oder Sie geben ‚einfach‘ wieder, wie Ihr Thema aktuell in der Literatur gesehen wird und welche unterschiedlichen Richtungen es gibt. Auch das ist möglich – auch wenn es erst mal wenig prickelnd klingt.
Zusammenfassende Tipps zur Themenfindung
Worauf Sie achten sollten, um das Thema einer wissenschaftlichen Arbeit zu finden, lässt sich wie folgt zusammenfassen (zum Folgenden vgl. Ulmi et al. 2017, 55 f.): Ihr Thema sollte
- interessant sein – weil Sie sonst kaum motiviert sind, sich wochen- oder monatelang damit zu beschäftigen;
- Ihnen nicht unbekannt sein: Wenn Sie Ihr Thema schon kennen, können Sie besser einschätzen, wie greifbar es in der konkreten Beschäftigung sein wird – und sicher sein, dass es sich nicht als Fass ohne Boden entpuppt;
- nicht zu umfangreich sein: Planen Sie nicht zu groß. Ein Thema, das zunächst scheinbar nicht viel hergibt, wird später oft umfangreicher als zunächst gedacht sein;
- zugänglich sein: Die wichtigste Literatur sollte schnell verfügbar und gut verständlich sein;
- nicht zu ehrgeizig sein: Sie brauchen das Rad nicht neu zu erfinden. Bleiben Sie auf dem Teppich und schätzen Sie realistisch ein, was in der gegebenen Zeit machbar ist.
Mein Service bei CONTEXTA
Wenn ich eine Bachelor- oder Masterarbeit zum Lektorat erhalte, ist die Themenfindung längst abgehakt. Manchmal stelle ich jedoch fest, dass das Thema einfach zu weit gefasst wurde und sich unter Einhaltung der vorgegebenen Seitenzahl kaum vertieft bearbeiten lässt. Im Rahmen eines Komplettlektorats gebe ich dann zum Beispiel Tipps, wie die Ausführungen gestrafft oder noch genauer auf das Thema zugeschnitten werden können.
Literatur zum Thema
- Duden-Ratgeber (2012): Wie schreibt man wissenschaftliche Arbeiten? Alles Wichtige von der Planung bis zum fertigen Text. Von Ulrike Pospiech in Zusammenarbeit mit der Dudenredaktion. Mannheim, Zürich: Dudenverlag, vor allem 44–75.
- Kornmeier, Martin (2016): Wissenschaftlich schreiben leicht gemacht für Bachelor, Master und Dissertation. 7. Auflage. Bern: Haupt (UTB Band 3154), vor allem 49–57.
- Theisen, Manuel R. (2017): Wissenschaftliches Arbeiten, 13. Auflage, München: Franz Vahlen, vor allem 59 f.
- Ulmi, Marianne; Bürki, Gisela; Verhein, Annette; Marti, Madeleine (2017): Textdiagnose und Schreibberatung. 2. Auflage, Opladen u. a.: Verlag Barbara Budrich.
© Dr. Anette Nagel. Artikel erschienen im November 2018, zuletzt bearbeitet im Juni 2024.