Wissenschaftlich schreiben

Wissenschaftliches Schreiben

Was heißt eigentlich wissenschaftliches Schreiben? Wissenschaft ist ein kompliziertes Geschäft, die Themen und Zusammenhänge sind oft anspruchsvoll. Muss dann nicht auch das Schreiben darüber kompliziert sein?

Das könnte man beim Lesen wissenschaftlicher Texte zumindest manchmal glauben: Verschachtelte Sätze, ungebräuchliche Fremdwörter und umständliche Formulierungen sind keine Seltenheit. Dabei kann ich keinen Zusammenhang zwischen der Komplexität eines Themas und der Sprache feststellen: Die eine Autorin kann komplizierteste Sachverhalte wunderbar klar und präzise beschreiben. Ein anderer Autor jedoch hat Probleme, scheinbar Selbstverständliches nachvollziehbar darzustellen. Eigentlich sollten gerade komplizierte Sachverhalte möglichst einfach und klar beschrieben werden, damit auch ein fachlich weniger vorgebildeter Leser sie problemlos verstehen kann.

Grundsätzlich heißt wissenschaftlich schreiben daher nicht kompliziert schreiben, sondern – im Gegenteil – einfach, klar, präzise und eindeutig schreiben. Gerade das scheint aber nicht so leicht zu sein. So verbringe ich einen Großteil meiner Arbeit im Lektorat damit, komplizierte Sätze zu vereinfachen: Schachtelsätze zu unterteilen, ungebräuchliche Begriffe (meist fremdsprachige) durch gängigere (oft deutsche) zu ersetzen oder Synonyme aufzulösen.

Dabei erfordert es durchaus Mut, in einer wissenschaftlichen Arbeit bewusst einfach zu schreiben, zum Beispiel auf Substantivierung nach Möglichkeit zu verzichten, auch einmal Verben wie „sein“ oder „haben“ zu verwenden und Füllwörter zu vermeiden. Hier eine kleine Auswahl von häufig verwendeten Formulierungen:

  • „Diese Methode besitzt Relevanz.“ (besser: „Diese Methode ist relevant.“)
  • „die Märkte sowohl in Europa als auch in Asien“ (besser: „die Märkte in Europa und Asien“)
  • „innerhalb dieses Zeitabschnittes“ (besser: „in dieser Zeit“)
  • „In diesem Jahr erfuhren die Ausgaben eine kontinuierliche Erhöhung.“ (besser: „In diesem Jahr haben sich die Ausgaben kontinuierlich erhöht.“)
  • „Danach erfolgt die Auswertung der Erkenntnisse.“ (besser: „Danach werden die Erkenntnisse ausgewertet.“)

Gern sehe ich im Rahmen eines wissenschaftlichen Basislektorats auch Ihren Text kritisch auf Präzision und Verständlichkeit von Wortwahl und Formulierung durch.

© Dr. Anette Nagel. Artikel erschienen im Dezember 2015, zuletzt bearbeitet im Mai 2023.

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